Die uralte Tradition der mordwinischen Folkmusik behutsam gegen den Strich bürsten, sich neuen musikalische Einflüsse öffnen und ganz nebenbei die aussterbenden Sprachen ihrer Heimat retten: Merema beweisen auf ihrem zweiten Album „Eryamon´ Koytneva“ (übersetzt: Spirale des Lebens), dass sie sich immer wieder künstlerisch weiter entwickeln. Selbstbewusst zeigt das Ensemble um „Chefin“ Ekaterina Modina auf seinem neuen Album, dass aktuelle Elektronik-Sounds bestens zu den überlieferten Volksliedern Mordwiniens passen.
Das fünfköpfige Folk-Ensemble Merema wurde bereits im Jahr 2010 in Saransk gegründet und hat sich in den folgenden Jahren immer ambitioniertere Ziele gesetzt. Die Mitglieder bezeichnen Merema als „ethnographisches Folklore-Studio“. Sie betreiben Feldstudien in den mordwinischen Dörfern und wollen so die Traditionen ihrer Heimatregion bewahren. Denn diese sind bedroht: Zuletzt bekannten sich nur noch rund 40 Prozent der Einwohner zur mordwinischen Nationalität. Russen stellen die Bevölkerungsmehrheit dar. Um es noch komplizierter zu machen: Die mordwinische Bevölkerung besteht aus zwei ethnographischen Gruppen, von denen jede ihre eigene Schriftsprache hat. Diese beiden Gruppen heißen Ersja und Moksch. Mordwienen liegt übrigens im „europäischen“ Teil Russlands zwischen Moskau und der Wolga. Den Fußball-Fans wird vielleicht die Hauptstadt Saransk ein Begriff sein, einer der Austragungsorte der Fußball-WM in Russland im Jahr 2018.
Merema (übersetzt bedeutet das „Legende“) reisen quer durch ihre Heimat und suchen nicht nur nach alten Volksweisen, sondern auch nach volkstümlicher Kunst und alten Trachten. Bei ihren Aufritten tragen die Ensemble-Mitglieder Tracht, um ihren Vorfahren Respekt zu erweisen. „Viele Menschen in unserer Heimat beherrschen die alten Sprachen nicht mehr. Reste erhalten sich höchstens noch in den abgelegenen Dörfern“, berichtet Ekaterina Modina. Jungen Leuten ist die Herkunft aus der Region Mordwinien heutzutage oft peinlich.
Als Musikinstrumente dienen Merema auch handelsübliche russische Küchen-Utensilien. Die traditionellen Trommeln der Region werden im Land selbst nicht mehr hergestellt. „Man kann bei uns afrikanische Trommeln kaufen, aber nicht unsere eigenen“, berichtet Modina.
Auf „Eryamon Koytneva´“ finden sich zahlreiche traditionelle Volksweisen aus Mordwinien, die von Merama neu arrangiert wurden. Um was geht es hier? Vor allem darum, Familie und Freunde zu feiern und das Leben zu genießen! Das mitreißende „Come Kin, Meet Us“ zelebriert die Ankunft der Braut: Zwei Familien verbinden sich durch Heirat, was für ein Fest! Auch im temperamentvollen „Come My Friends, Come“ geht es um eine erfolgreich vermittelte Hochzeit auf dem Lande. Das ganze Dorf feiert ausgelassen! Im fröhlichen, von Flötenklang geprägten „Let´s Go Steal Some Turnips, My Daughter In Law“ sind zwei weibliche Familienmitglieder auf Schabernack aus und machen sich zum Rübenklau auf.